GZ 38/12 - 02 Eingel.am 6.12.
Kabinettchef des Agrarministers der Tschechischen Republik Bc. Petr Krejci
Prag, den 4.12.2002 GZ 40015/02 - 1000K
Betr.: Vermögenskonfiskation von Dr.Adolph Schwarzenberg
Sehr geehrter Herr Doktor,
mit dem Schreiben vom 19.11.2002 haben Sie sich in der obigen Sache an den Agrarminister mit dem Ersuchen um die Entscheidung über die Berufung des Dr.Adolph Schwarzenberg gegen den Konfiskationsbescheid aus dem Jahre 1945 oder um die Mitwirkung des Agrarministeriums bei einer solchen Entscheidung gewandt.
Im Auftrag des Herrn Minister teile ich dazu folgendes mit:
Das Agrarministerium ist das Zentralorgan der Staatsverwaltung und sein Wirkungsbereich ist vom Gesetz geregelt. Es kann also nur in dem von der entsprechenden Rechtsvorschrift festgelegten Umfang entscheiden und seine Maßnahmen treffen. Zu seinen vom Gesetz anvertrauten Kompetenzen gehört jedoch nicht über die bis zur Entscheidung eingelegte Berufung, die nach Dekret Nr.12/1945 Slg. erlassen wurde, zu entscheiden, u.zw. selbst in dem Fall nicht, wo ein solches Verfahren noch nicht beendet wurde, das Agrarministerium ist jedoch nicht einmal berechtigt zu bestimmen, welches Staatsverwaltungsorgan für solche Entscheidung zuständig wäre.
In diesem Zusammenhang ist aber angebracht gleichzeitig daran zu erinnern, daß aus der Sicht der jetzigen Rechtslage die Beendigung des nach Dekret Nr.12/1945 Slg. eingeleiteten Verwaltungsverfahrens nur unter der Voraussetzung möglich wäre, daß die in diesem Dekret verankerte Rechtsregelung der Entscheidung über die Bedingungen der Konfiskation anwendbar wäre, weil nur ihre Anwendbarkeit die Voraussetzung für die Kompetenz des entsprechenden Verwaltungsorgans wäre die Entscheidung über Bedingungen der Konfiskation zu erlassen und die damit zusammenhängenden Prozeßhandlungen vorzunehmen. Die Rechts- regelung der Vermögenskonfiskation ist jedoch nicht mehr anwendbar, u.zw. spätestens mit Wirksamwerden der Akte der Grundrechte und -freiheiten, die zum Bestandteil unserer Verfassungsordnung am 28.12.1992 wurde. Die Festlegung der Bedingungen der Konfiska- tion nach Bestimmungen des Dekrets Nr.12/1945 Slg. widerspricht nämlich dem Art.3 in Verbindung mit Art.11 Abs.1 und 4 der Akte der Grundrechte und -freiheiten und deshalb kann kein Verwaltungsorgan mehr in der Sache selbst entscheiden, wenn dazu das Dekret Nr.12/1945 Slg. als die entsprechende materiell-rechtliche Vorschrift nicht angewandt werden kann. Diese Situation ist gar nicht vereinzelt oder unerwartet, weil auch allgemein gilt, daß bei der Erhaltung der Rechtsnorm eine weitere künftige Rechtsregelung nie auszuschließen ist, die nicht mehr ermöglichen wird eine bestimmte Rechtsnorm anzuwenden. Was die sog. Benes - Dekrete betrifft, ihre Unanwendbarkeit ist eindeutig mit der Erlassung der Rechtsvorschriften eingetreten, die ihre Anwendung gehindert haben.
Mit Rücksicht auf die oben genannten Tatsachen nimmt deshalb das Agrarministerium den Standpunkt ein, daß die gültige Rechtsregelung jede Anwendung der sog. Benes-Dekrete ausschließt und daß solcher Stand spätestens sowohl mit der Wirksamkeit der Akte der Grundrechte und -freiheiten als auch mit der Wirksamkeit der Restitutionsgesetze eingetreten ist, deren Haupsinn die Wiedergutmachung von einigen Vermögensungerechtigkeiten war. Die Restitutionsgesetze haben eine von der Ablehnung der Vorgehensweise nach den in ihnen bezeichneten Rechtsvorschriften oder des Vorgehens im Widerspruch zu den bezeichneten Rechtsvorschriften, u.zw. auch deren, die nicht aufgehoben wurden, ausgehende Rechtslage geschaffen. Die so ausdrücklich bezeichneten Rechtsvorschriften wurden also nicht aufgeho- ben, aber selbst die Restitutionsgesetze setzen ihre Anwendung nicht voraus. In diesem Zusammenhang ist angebracht daran zu erinnern, daß gerade im Fall Ihrer Mandantin, Frau Elisabeth Pezold, die Europäische Kommission festgestellt hat, daß sie die Verletzung der Europäischen Menschenrechte-Konvention in der Tschechischen Republik erst nach dem Jahre 1992 verfolgen kann und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in derselben Sache festgestellt, daß es das Recht des Staates ist eigene Bedingungen der Restitution festzulegen.
Gleichzeitig erlaube ich mir anzuführen, daß ich Ihre Ansicht darüber nicht teile, daß in der Öffentlichkeit die Meinung überwiegt, laut deren das Vermögen von Dr.Adolph Schwarzen- berg aufgrund der Benes-Dekrete konfisziert wurde. Der Öffentlichkeit ist im Gegenteil bekannt, daß es zum Übergang des Vermögens in diesem Fall aufgrund eines im Zusammen- hang mit historischen Ereignissen in Europa Ende der 40-er Jahre des vergangenen Jahr- hunderts erlassenen Sondergesetzes gekommen ist. Ich teile deshalb auch Ihre Ansicht über die einzig mögliche Art der Wiedergutmachung hinsichtlich des Rufes von Dr.Adolph Schwarzenberg, im Rahmen des Berufungsverfahrens nach Dekret Nr.12/1945 Slg., nicht.
Die Stellungnahme des Agrarministeriums hinsichtlich der Möglichkeit der Anwendung der sog. Benes-Dekrete ist eindeutig und sie betrifft natürlich auch die Erledigung Ihres Ersuchens hinsichtlich der Möglichkeit der Beendigung des Verfahrens nach Dekret Nr.12/1945 Slg. Gleichzeitig besteht das Agrarministerium auf der Stellungnahme, die Ihnen in meinem Schreiben vom 23.10.2002 GZ 34056/2002-1000 mitgeteilt wurde, daß das gegenständliche Vermögen nach dem zitierten Dekret nicht konfisziert wurde, wo das nach ihm eingeleitete Verwaltungsverfahren rechtskräftig nicht beendet wurde und daß dieses Vermögen der Tschechischen Republik nach Gesetz Nr.143/1947 Slg. anheimgefallen ist. In Ihrer Eingabe erwähnen Sie in diesem Zusammenhang eine Auslegung des Verfassungsgerichtes, Sie haben jedoch nicht angegeben, in welchem Erkenntnis dieses Gerichtes sie angeführt ist. Dem hiesigen Ministerium ist aber die Stellungnahme des Verfassungsgerichtes hinsichtlich der Anwendung des Gesetzes Nr.143/1947 Slg., angeführt z.B. in seinem Erkenntnis III. ÚS 207/97, mit dem sich das hiesige Ministerium vollkommen identifiziert, bekannt.
Sehr geehrter Herr Doktor, abschließend halte ich für notwendig daran zu erinnern, daß das Agrarministerium der Angelegenheit Ihrer Mandantin, Frau Elisabeth Pezold, ziemlich große Aufmerksamkeit gewidmet hat und ich bitte Sie unsere vorstehend angeführte Stellungnahme als die in dieser Sache endgültige Stellungnahme zu akzeptieren.
Mit dem Gruß
Petr Krejčí
Sehr geehrter Herr Dr.jur. Milan Hulík , Rechtsanwalt Bolzanova 1 115 03 P r a g 1
|